
ESG, Klimaschutz und Ökostrom – Nachhaltige Kapitalanlagen
Ein Gespräch mit Harry Odenthal, ISM-Ökostar Manager

Markus: Wie werden Unternehmen ESG-Zertifiziert und was bedeutet diese Zertifizierung wirklich?
Hintergrund meiner Frage: Mein allererstes eigenes Unternehmen war 1996 eine ökologische Bananenplantage in Costa Rica. Da habe ich sehr viel gelernt u.a. über die Zertifizierung von Bio-Lebensmitteln, insbesondere, dass 80% – entschuldigen Sie mein Neudeutsch – Bullshit ist.
Nun Frage ich mich, ob es bei der ESG Zertifizierung ähnlich läuft oder ob es verlässlichere und weniger verlässlichere Zertifizierer gibt, welche das im Einzelnen sind und wie sie arbeiten?

Harry O.: Schon die Frage zeigt, dass Du dich nicht einfach mit dem guten Gefühl abgibst reinen gewissens “Bio” eingekauft zu haben weil “Bio” draufsteht.. Und die Frage ist absolut gerechtfertigt, da ESG (Environment, Social, Governance) zwar offiziell aus Brüssel gesteuert gewisse ethische Rahmenbedingungen definiert wie: keine Kinderarbeit, keine Rüstung, ökologisch “sauber”. Aber bis zu welchem Grad das wirklich gewährleistet werden kann, ist m.E. fraglich.
Markus: Das heisst das ESG-Siegel ist durchaus glaubwürdig und bietet keine Hintertüren durch Kleingedrucktes. Aber Dein Anspruch geht über diese Klassifizierung hinaus?
Harry O.: Auf jeden Fall! Ich beobachte nun schon seit über einem Jahrzehnt nachhaltige Unternehmen und vor allem auch deren Performance. Nachhaltigkeit bedeutet ja nicht, dass wir irgendjemandem etwas schenken, sondern nur, dass wir nicht kurzfristig Gewinne mitnehmen, die langfristig nicht tragbar sind. Bei dem ISM-Ökostar muss ich die herausragende Performance oft erklären, da Kunden bei Öko-Strategien von schwächerer Performance ausgehen als bei konventionellen Strategien.
Markus: Bei ökologischem Landbau ist das ähnlich: Investoren erwarten eine geringere Ernte als bei konventionellem Landbau mit chemischen Düngern und Pestiziden. Das stimmt auch, allerdings nur über einen begrenzten Zeitraum hinweg. Darüber hinaus sind die Rahmenbedingungen wie Kosten für Land, Dünger/ Pestizide und Arbeit ausschlaggebend dafür, ab wann sich welche Anbaumethode finanziell “lohnt”. Schmecken tut bio eigentlich immer besser.
Harry O.: Ich schaue mir akribisch alle Details an und zwar nicht nur die Unternehmensbroschüren, Aktionärsversammlungen und Interviews mit den CEOs, sondern vor allem unabhängige Nachrichten über die jeweiligen Branchen und deren Hintergründe.
Markus: Also der Ökostar ist kein klassisches Öko-Investment in Solarparks und Windräder?

Harry O.: Der Ökostar ist eher ein klassisches Portfolio-Investment, diversifiziert in verschiedene Sektoren wie Energie, Lebensmittel, etc und enthält sowohl sehr große Unternehmen als auch Mittelständler. Bei der Auswahl der Unternehmen werden nur Unternehmen, die meiner Ethik und meinem Umweltstandard entsprechen, über dem ESG Siegel hinaus, berücksichtigt.
Markus: Wie findet eine Lachs-Farm – Stichwort Antibiotika – und eine Fast-Food-Kette – Stichwort Rinderfarmen – in dieser Strategie seinen Platz?

Harry O.: Chipotle Mexican Grill setzt sehr hohe Standards an seine Fleisch-Lieferanten, was sogar schon zu kursbeeinflussenden Problemen geführt hat. Im Fall von SalMar sind tatsächlich Antibiotika im Einsatz. Allerdings treibt das Unternehmen nachweislich sehr viel Aufwand, dies zu minimieren. Auch über Tiefkühlpizza lässt sich natürlich diskutieren, aber Frosta investiert z.B. sehr viel in nachhaltige Produktionsabläufe, die sich dann auch im Preis an den Endkunden wiederfinden. Trotzdem ist Frosta Pizza immer die erste, die im Supermarkt ausverkauft ist.
Markus: Will heissen, auch die Endkunden honorieren diesen Einsatz.
Harry O.: Als Investoren sollten wir die eigentliche Bedeutung des Wortes “investieren” und der Aktivität an sich nicht vergessen. Wir stecken unsere Ressourcen in etwas, natürlich um eine Rendite zu erzielen, aber auch um etwas zu verbessern und zu erreichen, an das wir glauben.
Sie haben noch weitere Fragen an Herrn Odenthal bzgl. ESG Zertifizierungen? Oder Sie wollen mehr über Ihn, seine Investmententscheidungen und den ISM-Ökostar wissen? Kontaktieren Sie uns hier!